Anthroposophie und Kultur

Was ist Kultur?

 

Aus den archaischen, noch einheitlichen Ursprüngen der Menschheitskultur haben sich die drei "Mysterien" der Kunst, der Wissenschaft, und der Religion zu der Trinität emanzipiert, die wir auch heute noch als die dreifach gegliederte Gestalt menschlichen kulturellen Lebens vorfinden:

 

1. Religion

 

2. Kunst

 

3. Wissenschaft

 

Es wäre aber ein Irrtum mit höchst zerstörerischen Folgen, wollte man diese drei Kräfte der Menschheitskultur als getrennte Glieder nebeneinander stellen, denn religiös-moralische, künstlerisch-ästhetische und kognitiv-wissenschaftliche Prozesse müssen überall in der Kultur des Menschen gleichzeitig wirksam sein, wenn diese nicht in die Unmenschlichkeit führen soll. Wissenschaft, Kunst und Religion leben also nicht neben- sondern mit- und ineinander. Dies nicht zu wissen, war zum Beispiel die Tragik der Französischen Revolution, in der die gesellschaftlichen Kräfte in einer erbarmungslosen Hegemonieschlacht gegeneinander aufgebracht wurden, obwohl die Trinität der französischen Ideale, die drei Ideale der "Freiheit", "Gleichheit" und "Brüderlichkeit" durchaus einiges Potential für einen menschenwürdigen Ausgang in sich trugen. Dieses Potential konnte aber nicht zum Guten genutzt werden, so lange man nicht erkannte, dass das gleichzeitige, gleichberechtigte und dennoch autonome Leben jeder Einzelnen dieser drei gesellschaftlichen Kräfte essentiell für jede menschliche Kultur ist. (Siehe hierzu auch die drei Könige: den Roten, den Goldenen, den Silbernen König, und dazu den beim Sonnenaufgang zerfallenden, gemischten König in Goethes Märchen "Von der schönen Lilie und der grünen Schlange" in den "Erzählungen deutscher Ausgewanderter") -

 

Dies ist die historische Lehre, die man aus der Französischen Revolution, aus der noch tödlicher verlaufenen "Bolschewistischen Revolution" Lenins, die in den Stalinismus führte, und am deutlichsten aus der bisher wohl tödlichsten aller kulturellen Revolutionen, der "Großen maoistischen Kulturrevolution" ziehen muss. Aber auch die sich derzeit vollziehende "Kulturrevolution" der westlichen Demokratien Europas und Nordamerikas: Ihr Verfall in eine Art traumhaften Taumels lässt nichts Gutes erwarten, - ja, man könnte geradezu von geistiger Umnachtung oder Geld-Hypnose sprechen -, die in die Unterwerfung allen kulturellen Lebens unter das Diktat des wirtschaftlichen Profites strebt, mag sie sich auch noch so "sexy", "geil" oder "alternativlos" präsentieren. Das Gespenstische daran ist, dass die jetzige "Kulturrevolution" nicht von charismatischen Hitzköpfen getragen wird, sondern gesichtslos und anonym unter dem Deckmantel des Bankgeheimnisses verborgen bleibt, treu nach dem Motto des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton: "Der einzelne Mensch ist ersetzbar". Die jetzige "Kulturrevolution" will also nicht den menschlichen Willen lähmen, wie die vorangegangenen Revolutionen Stalins, Hitlers und Maos, sondern die menschliche Individualität, das "Ich" des Menschen ganz abschaffen. Die neue "Kulturrevolution" ist daher auch nicht emotional verstiegen und fanatisch, wie der Rassenwahn Hitlers, und der Klassenhass Lenins, Stalins und Maos, sondern gibt sich inhaltslos. Sie hat auch keine Argumente, sondern enteignet ganze Völker mit Begriffen wie "Systemrelevanz" und "Alternativlosigkeit". (Wer daran interessiert ist, zu erfahren, was Anthroposophie über die Zukunft dieser rein aus den wirtschaftlichen Untergründen der Menschheitskultur wirkenden Mächte, die so genannten "Asuras", zu sagen hat, dem sei der Vortragszyklus: "Die Sendung Michaels" GA 165, 1919, empfohlen.)

 

Es tut also gut, sich erst einmal des besonderen Charakters der drei genannten "Mysterien" der Menschheitskultur im Einzelnen zu vergewissern, um diese danach in ihrem lebendigen kulturellen Zusammenspiel sehen zu können:

 

Als gleichzeitiges Vor- und Urbild der drei "Mysterien" der Menschheitskultur kann man die göttliche Trinität aus Gottvater, Gottsohn, und heiligem Geist, oder, - je nach Geschmack -, die Trinität der drei menschlichen Seelenkräfte des Denkens, Fühlens und Wollens sehen. Ihre Betrachtung kann so zu einer kollektiven Selbserkenntnis des Menschen und der Menschheit führen:

 

Das "Mysterium" der Religion.

 

Was ist so mysteriös an der Religion? Sinn und Inhalt der Religion, und damit auch ihr spezifischer, ja, man kann sagen: einziger Beitrag zur Menschheitskultur ist die Erkundung dessen, was wir gemeinhin als die "Moral" des Menschen bezeichnen. Als solcher ist die Erkundung von "Moral" der klarste Charakterzug alles Religiösen innerhalb der drei Mysterien der Menschheit, und damit zugleich aber auch der umstrittenste. Dies hängt damit zusammen, dass von "Moral" nicht gesprochen werden kann, wo keine Freiheit herrscht: Ein Stein, der nur den Gesetzen der Physik folgend den Berg herunterrollt, kann nicht moralisch verurteilt werden, auch wenn er noch so viele Menschen dabei verletzt oder tötet. Ebenso wenig können Viren und Bakterien, welch letztere dem Pflanzenreich zugerechnet werden, dafür moralisch verantwortlich gemacht werden, dass sie, neben ihrer unendlich segensreichen, reinigenden, verwandelnden Wirkungen in der Natur, auch Krankheiten verursachen können, denn so wie sie sind, haben sie keine Freiheit, sich anders zu verhalten. Und selbstverständlich kann man auch einen Löwen nicht dafür verurteilen, dass er tötet, denn er ist wie er ist, und kann daran selbst nichts ändern.

 

Also ist die Religion von Anfang im Konflikt, denn wie wir zeigen können, steht und fällt die Antwort darauf, was "Gut" und was "Böse" ist, mit der Möglichkeit zur Freiheit. Wer unter Zwang oder aus der Not handelt, kann nicht moralisch handeln, sondern sieht sich gezwungen oder ist in Not. Gibt es aber die Freiheit überhaupt? Rudolf Steiner sagt in seinem Buch: "Die Philosophie der Freiheit": Eine biologische Freiheit kann es nicht geben. Auch eine soziale Freiheit nicht: Immer müssen wir Gesetze und Regeln beachten. Aber es gibt die geistige Freiheit: Der Mensch kann selbst entscheiden, was er für schön und hässlich, wahr oder unwahr hält. Hierzu meint der große Aristoteles in seinem Buch "Metaphysik": "Über die Notwendigkeit kann sich nur ein Gott erheben, nicht aber ein Wesen von so schwacher Natur wie der Mensch. Deshalb ist Gott das Schönste und Beste, das wir kennen." - Aristoteles spricht also im ersten Anlauf dem Menschen die Freiheit ab, aufgrund der Schwäche seiner Natur. Dann aber geht ihm im zweiten Anlauf die Frage auf: "Kann man aber dem Menschen verwehren, nach dem überhaupt Schönsten und Besten zu streben?." - "Das kann man natürlich nicht", sagt Aristoteles, und hat damit sofort den Leser auf seiner Seite, indem er ihm freistellt, ob er an die menschliche Freiheit glauben will oder nicht. Auch ich stelle mich auf seine Seite. Aristoteles, der sich in dieser Schrift nur mit dem Begriff der Erkenntnis beschäftigt, stößt dabei auf das Ideal der "Liebe zur Wahrheit" als der höchsten Voraussetzung des Erkennens. Ich finde aber, wir brauchen nicht nur die Liebe zur Wahrheit, sondern auch die Liebe zur Tat. Denn zur Liebe kann man niemanden zwingen. Dadurch ist die Liebe der einzige Garant der Freiheit, und somit auch der Moral. Kurz gesagt kann man also entdecken: Moral ist die Liebe zum zur guten Tat! Und die Richtschnur für unser Tun kann nur aus der Wahrnehmung geholt werden, die durch das Denken zur Erfahrung wird. Und aus dieser schafft die Kraft unseres Willens die "moralische Phantasie", die "moralische Kreativität".

 

Nun geht es hier allerdings nicht darum, festzustellen, wie man allgemein heutzutage über die Willensfreiheit und damit über die Schuldfähigkeit des Menschen zu denken hat, sondern nur, was innerhalb unserer jüdisch-christlichen Religion zu dieser Frage bereits vorhanden ist. Wer z.B. nicht sieht, dass Gott im 1. Buch Moses den Menschen nach seinem Vorbild geschaffen, ihn aber zugleich so gestaltet hat, dass er für den Verführer Luzifer angreifbar ist, der hat schlicht übersehen, dass die Freiheit des Menschen von Anfang an Teil des göttlichen Schöpfungsplanes war. Und dass diese Freiheit die Grundlage aller Moral ist, wird genau dort auch unmissverständlich mitgeteilt. Was lernen nämlich Adam und Eva als erstes, als sie vom "Baum der Erkenntnis" gegessen haben? Sie lernen nicht, wie man Äpfel erntet, oder wie man in der Wildnis überlebt; sie lernen auch nicht, wie viele Sterne der Himmel hat, oder wie man die Tonleiter auf einer Harfe spielt. Sie lernen schlicht und ergreifend: Was Gut und was Böse ist. So steht es jedenfalls im 1. Buch Moses. Und die Würde des Menschen hat nach dieser Quelle nur zwei Ursachen: Die Geistige Herkunft des Menschen, und seine Freiheit.

 

Machen wir die Gegenprobe: Gibt es andere Quellen der Moral und der Würde des Menschen, z.B. die Wissenschaft, oder auch die Kunst? Nein! Alle alternativen Quellen der Moral sind leicht entlarvt als Nützlichkeits-Kalkül (Utilitarismus, Opportunismus) oder als Ästhetizismus, je nachdem, ob sie sich auf Wissenschaft oder auf Kunst berufen!

 

Und dennoch ist auch im 1. Buch Moses das künstlerische Element schon von Anfang an mit im Spiel: Als Gott Adam geschaffen hat, fragt er ihn, wie es ihm geht. Wie sollte es aber Adam schon gehen? Warum ihn überhaupt fragen, wenn der doch bloß Gottes Ebenbild ist, also gar kein eigenes Empfinden haben kann? Adam´s Antwort ist aber negativ. Er sagt: Ich fühle mich einsam. Das wiederum kann nur heißen: Gott fühlt sich einsam. Denn Gottes Ebenbild kann grundsätzlich nur ausdrücken, was Gott fühlt. Warum aber fühlt sich Gott einsam? Weil er keinen freien Partner, sondern nur seine Geschöpfe um sich hat, unter denen sich zunächst auch Adam befindet. Denn mit Geschöpfen, die nur Ebenbilder des eigenen Selbst sind, kann man keine Gespräche führen. Dann aber entnimmt er aus Adams Leib einen sehr kleinen Teil, eine Rippe, und macht daraus Eva. Das ist der Beginn der Kunst! Denn nun sind beide, Adam und Eva, nicht mehr Gottes Ebenbilder. Sofort ruft dies Luzifer, den Verführer, auf den Plan, denn beide können nun erst zwischen Gut und Böse wählen. Diese Freiheit macht sie erst zu moralischen Wesen, und damit zu Gesprächspartnern, die das Potential haben, Gottes Einsamkeit zu beenden. So wurde das Gespräch zur ersten aller Künste.

 

Was antwortet die Schlange in Goethes Märchen auf die Frage: "Was ist köstlicher als Gold? " (Gold war schon immer das Symbol für die göttliche Wahrheit). Sie sagt: "Das Licht!" (Licht war schon immer das Symbol für die göttliche Erkenntnis). Also ist Erkenntnis (der einzige Weg zur Wahrheit) köstlicher als selbst die Wahrheit! Und auf die letzte, dritte Frage: "Was ist erquicklicher als das Licht?" gibt Goethe schließlich die Antwort: "Das Gespräch!" Also ist das Gespräch erquicklicher als alle Wahrheit und Erkenntnis zusammengenommen! Und die Kunst ist die erquicklichste aller Kulturkräfte! Denn erstens kommt es beim Gespräch immer vielmehr darauf an, wie ich es sage, als darauf, was ich sage (Das wäre bei der Wahrheit genau umgekehrt!). Zweitens aber beruht Kunst immer auf dem Dialog zwischen dem Schaffen und dem Betrachten.

 

Das "Mysterium" der Wissenschaft.

 

Hier liegt der Fall genau umgekehrt: Kaum jemand fragt sich, wofür man die Wissenschaft braucht. Das scheint völlig klar zu sein. Aber nichts ist so sehr auf Illusion und Täuschung aufgebaut, wie die Wissenschaft: Alle die Dinge, die sie betrachtet, erweisen sich als Illusion, als Täuschung! Seit Jahrhunderten, ja, seit Jahrtausenden wiederholt sich dieses Spiel: Jeder je erreichte Fortschritt der Wissenschaft bestand immer nur darin, das als Illusion, als Täuschung zu erkennen, was man bisher für Tatsachen gehalten hat! Nach neuestem Wissen gibt es nicht einmal mehr die Materie, auf die man sich so sehr verlassen hatte, dass man sie als die "Mutter" aller Dinge bezeichnete. Das Wort "Materie" kommt nämlich von dem Wort "Mater" = "Mutter"! Heute halten diejenigen, die sich bisher als Materialisten bezeichnet hatten, nur noch die Gesetze der Physik für existent, nicht mehr aber die Dinge, auf die sich diese Gesetze beziehen! Drum bezeichnet sich jetzt jeder Materialist, der auf Wert "Aktualität" legt, als "Physikalist". Wie lange aber noch? Wann kommt der Moment, in dem man auch das als eine Täuschung, als illusionär erkennt? Für mich ist jetzt schon klar: Eine Physik, deren Gesetze sich auf Gegenstände beziehen, die es gar nicht gibt, ist das, was man heute eine "virtuelle Wirklichkeit" nennt. Wenn also sogar die Physik nur virtuell ist, dann bleibt nur noch eines dennoch: Der Geist, der die Physik geschaffen hat. Das aber ist der menschliche Geist!

 

Besonders gerne berufen sich ja die "Physikalisten" darauf, dass nicht nur sie, sondern auch die Buddhisten die "Seele" und das "Ich" des Menschen für eine Illusion halten. Dabei übersehen sie aber, dass in der Ordnung der Dinge die "Seele" und das "Ich" für den Buddhisten immerhin doch noch so real sind, dass sie die Ursache Reinkarnation und Karma sind. Nicht wegen der physikalischen Gesetze, natürlich schon gar nicht wegen der "Materie", aus der der menschliche Körper besteht, sondern nur wegen der Illusion der Seele und des Ich gibt es nach buddhistischer Überzeugung das "Karmagesetz", also die Verpflichtung des Menschen, sich zum Ausgleich seiner Verfehlungen und Illusionen immer wieder durch die Reinkarnation der Knechtschaft des Erdendaseins zu unterwerfen. Die Illusion der "Seele" und des "Ich" ist also nach buddhistischer Überzeugung ungleich "realer" als alle Gesetze der Physik insofern, als diese Illusion von allen Illusionen überhaupt am schwersten loszuwerden ist. Man muss also schon ein wenig genauer hinsehen, wenn man als "Physikalist" Verstärkung beim Buddhismus sucht, denn der "Pferdefuß" folgt nach: Das "Karmagesetz" des Buddhismus ist ein rein moralisches Gesetz, wohingegen es für einen knüppelharten "Physikalisten" natürlich die Unterscheidung zwischen "Gut" und Böse" nicht geben kann, da es doch nach seiner Überzeugung auch keine Willensfreiheit gibt.

 

Auch die Anthroposophie sieht das "Ich" und die "Seele" des Menschen als eine Illusion, denn auch sie sind, wie schon alle Gegenstände der Physik, der Botanik und der Zoologie, nur Metamorphosen des göttlichen Geistes, der alle Welt durchwirkt und durchwallt. Doch die seelische Quintessenz, die der Mensch aus seinem Kampf um Freiheit und Moral gewinnt, indem er sich immer wieder durch Reinkarnation dem Erdendasein stellt, sieht Anthroposophie nicht als Illusion, sondern als eine reale Kraft. Man kann sogar sagen, diese seelische Quintessenz sieht Anthroposophie als eine lebendige "Substanz", die lebendige "Akasha-Substanz", auf deren Grundlage in einer fernen Zukunft die Verstorbenen mit den Lebenden kommunizieren werden.

 

Das "Mysterium" der Kunst.

 

Dieses Mysterium wird am stärksten von den drei Kräften aller Kultur verkannt, ja, zumeist völlig übersehen, weil es als das mittlere, zentrale, alles verbindende Glied zwischen der Religion und der Wissenschaft steht und beide vom Zentrum aller Kultur aus vollständig durchdringt. Kunst ist nicht bloß Architektur, Plastik, Musik, Dichtung, Malerei, Tanz, Schauspiel usw., sondern in Wahrheit jede Tätigkeit des Menschen, insofern es dabei darauf ankommt wie man sie ausführt. Also ist auch Landwirtschaft Kunst (Agrikultur!), Pädagogik (Motto: wie sag ich´s meinem Kinde?), Medizin, Handel, Industrie, die Liebe, das Leben, und sogar die Politik! (Denn wo käme es mehr darauf an, wie man die Dinge tut, als gerade dort?)

 

Weil aber alle Kunst darin besteht, wie man etwas tut, ist das Leben als solches die größte aller Künste, und die Liebe ihr Geschwister! Denn nur, was man liebt, tut man schön, weil man es gerne tut!

 

Wir fassen zusammen: Religion ist weit davon entfernt, eine Privatsache zu sein, denn nicht nur die Freiheit, sondern auch die Würde des Menschen, wie sie auch im Grundgesetz der Bundesrepublik und aller wahren Demokratie verankert ist, stützt sich auf die Geistigkeit des Menschen. Zwar wird dort überall, wo es um Rechte geht, auch vor Gericht, noch immer "Gott" als Bezugspunkt genannt. Aber früher oder später werden wir an die Stelle des Gottes-Begriffes den Geist-Begriff als Grundlage der Menschenwürde setzen müssen. Religion ist also letztlich die einzig verlässliche Grundlage menschlichen Zusammenlebens und insofern unter den drei Grundkäften jeglicher Kultur die unverzichtbarste. Dennoch darf dies nicht heißen, dass Kultur mit Religion allein zurechtkommt. Denn ohne Wissenschaft hätte menschliche Kultur keine Entwicklungsdynamik, und ohne Kunst keine Liebe.

 

So haben wir nun auch den Zusammenhang gefunden zwischen dem "Mysterium" der Kultur und dem "Mysterium" des Menschen:

 

Wenn alle Kunst der Liebefähigkeit des Menschen entspringt, alle Religion der Willensfreiheit, und alle Wissenschaft der Fähigkeit,Täuschungen und Illusionen als solche zu durchschauen, dann entsprechen sich die Menschheitskultur und die Seelenkräfte des Menschen auf die folgende Art:

 

1. Aus Wahrnehmen, Erinnern und Denken wird Wissenschaft

2. Aus Fühlen wird Kunst

3. Aus Wollen wird Religion

 

So lebt Gottvater in den religiösen, Gottsohn in den künstlerischen, Gottgeist in den wissenschaftlichen Impulsen der Menschheit. Und eine Menschheitskultur, in der dieser Zusammenklang verloren geht, verliert ihre Humanität.