Bettnässen (Enuresis nocturna)

 

 

Bettnässen ist ein normales Phänomen im Kleinkindesalter, wie jede Mutter weiß. Doch es gibt Altersgrenzen, die für den Rahmen der normalen Kindesentwicklung typisch sind, innerhalb derer das Kind lernt, die Kontrolle des Urins zu übernehmen, und bei deren Überschreitung sich die Eltern zu Recht Gedanken machen, was mit ihrem Kinde los ist, und wie man ihm helfen könnte.

 

In den meisten Fällen liegt nur eine funktionelle Störung vor, aber ausnahmsweise kann auch ein organischer Defekt zugrunde liegen. Bei den funktionellen Ursachen handelt es sich aus anthroposophischer Sicht zumeist um eine Schwäche der Empfindungsorganisation (des Astralleibes), die durch eine Entwicklungsverzögerung bedingt ist, mit anderen Worten: Es liegt eine Schwäche vor, die sich eventuell schon durch einfache Erziehungsmaßnahmen beheben lässt. Weil die Empfindungsorganisation (der Astralleib) noch nicht die Eigenständigkeit gegenüber dem physischen Leib erreicht hat, die im Verlauf der Ich-Entwicklung normaler Weise beim Übergang vom Kleinkindesalter zum Kindergartenkind erreicht wird, übernimmt hier das Ich der Eltern vorübergehend die Führung des kindlichen Astralleibes, indem die Eltern das Kind noch direkt vor dem Einschlafen daran erinnern, auf seine Funktionen achtzugeben und eine Belohnung nach einer trockenen Nacht in Aussicht stellen. Auf keinen Fall aber darf mit Bestrafung gedroht oder agiert werden, da diese eine zusätzliche Schwächung der Empfindungsorganisation (des Astralleibes) zur Folge hat. Hingegen wirkt stärkend, wenn man dem Kind tagsüber Gelegenheit gibt, körperlich zu arbeiten und dabei zu schwitzen, denn die Schwäche der Empfindungsorganisation (des Astralleibes) hat unter anderem auch zur Folge, dass das Kind des nachts im Ausscheiden des Urins Aktivitäten nachholt, die es tags versäumt hat. Letzteres kann man unter Umständen auch daran sehen, dass es nachts im Bette schwitzt, weil es dies tags zu wenig getan hat. Eine Bestrafung würde aber das Gegenteil bewirken, würde die Ich-Entwicklung des Kindes hemmen.

 

Was liegt dieser funktionellen Störung zugrunde? Aus anthroposophischer Sicht handelt es sich darum, dass in ähnlicher Weise, wie dies auch für die Depression gilt, der Astralleib des Kindes nicht genügend Widerstand durch den physischen Leib erhält, mit anderen Worten, nicht genügend  geformt wird. Dadurch ragt er zu weit über den Physischen Leib hinaus. Bei jedem Menschen ragt der Astralleib über den physischen Leib hinaus, weshalb man auch von der "Aura" des Menschen sprechen kann. Normaler Weise ist die Aura im Bereich des Kopfes am größten und im Bereich der Füße am kleinsten, so dass sie dort nahezu mit der Kontur des physischen Leibes übereinstimmt. Bei den Kindern, die aus funktionellen Gründen Bettnässer sind, ist die Aura, ähnlich wie beim depressiven Erwachsenen, nach unten zu stark verbreitert. Dadurch entsteht eine seelische Situation, die man mit dem Bestehen einer Wunde vergleichen kann: Wenn wir eine Wunde haben, ist der Astralleib ebenfalls zu wenig vom physischen Leib bedeckt und infolgedessen zu sehr der Umgebung exponiert. Dessen werden wir uns dann anhand des Wundschmerzes bewusst. Anders das bettnässende Kind oder der depressive Erwachsene: Er bemerkt seinen Zustand nicht in solch grober, bewusster Art wie beim Bestehen einer physischen Wunde, sondern nur halbbewusst als ein Gefühl des Verletztseins. Diese unbewusst bleibenden Empfindungen erzeugen Ängste, sodass ein wesentlich gefährlicherer Zustand eintritt, als der bloße Verstoß gegen die Anstandsregeln vermuten lässt. Es lohnt sich also, etwas dagegen zu tun. 

 

Die anthroposophische Therapie besteht nun darin, homöopathisch verdünnte Substanzen zu verabreichen, die den Effekt haben, die Aura des Kindes  kompakter zu machen, den Astralleib also so zu stärken und zu konsolidieren, wie dies in der normalen Kindheitsentwicklung der Fall ist. Gleichzeitig ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Eltern, Pädagogen und Arzt von höchstem Wert, da sonst, etwa durch Tadel, Spott oder Bestrafung des betroffenen Kindes, eine Chronifizierung des Zustandes, und damit eine wesentliche Verschlimmerung droht.