Schlaganfall (Apoplexie)

 

Neuester Stand der Schlaganfall-Forschung (Rundschreiben des Ärztlichen Nachrichtendienstes vom 12.5.2018):

90 Prozent der Gefäße können wieder geöffnet werden – „Lazarus-Effekt“ auf dem OP-Tisch

„Mehr als 85 bis 90 Prozent aller jährlich auftretenden rund 270.000 Schlaganfälle in Deutschland werden durch einen Thrombus verursacht“, berichtet Professor Dr. Armin Grau, 1. Vorsitzender der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG). Seit dem Jahr 2015 sei die Wiedereröffnung eines größeren verschlossenen Hirngefäßes mit Hilfe der mechanischen Thrombektomie wissenschaftlich nachgewiesener offizieller Goldstandard bei der Behandlung schwerer ischämischer Schlaganfälle. Mittlerweile sei die Technik der Thrombektomie soweit verfeinert worden, dass beinahe 90 Prozent aller Gefäße wiedergeöffnet werden könnten. Der Behandlungserfolg stelle sich oft sogar noch während der Intervention ein. Man spreche dann vom sogenannten „Lazarus-Effekt“, wenn Patienten nach Entfernung des Thrombus bereits auf dem OP-Tisch wieder sprechen oder vormals gelähmte Gliedmaßen bewegen können.

Behandlungsfenster weitet sich aus, steigendes Patientenaufkommen erwartet - Versorgungssituation gesichert

Der Schwerpunkt der aktuellen Forschung beschäftigt sich mit der Frage, wie lange Patienten von der Mechanischen Thrombektomie profitieren können. In die großen Multicenterstudien des Jahres 2015 wurden Patienten bis zu einem Zeitpunkt von sechs Stunden nach Auftreten der Schlaganfallsymptomatik in die Auswertung eingeschlossen. Aktuell hat die sogenannte HERMES-Studie herausgearbeitet, dass den Patienten eine Behandlung mittels minimal-invasiver Therapie auch jenseits von sechs Stunden zugutekommen kann. Professor Weber berichtet, dass zwei weitere 2018 publizierte Arbeiten, die DAWN- und DEFUSE3-Studie, zeigen konnten, dass die mechanische Thrombektomie sogar 16 bis 24 Stunden nach Auftreten der Schlaganfallsymptome noch für eine verbesserte Erholung der Patienten sorgen kann. Konsequenz dieser und weiterer Studien wird sein, dass künftig die Zahl der Schlaganfallpatienten, die in der Neuroradiologie behandelt werden, noch ansteigen wird – nach Schätzungen könnten von den oben genannten 250.000 Patienten jährlich in Deutschland rund 13.000 bis 16.000 Patienten von der Mechanischen Thrombektomie profitieren. 

Um die Versorgung dieser Patienten zu gewährleisten, ist laut Dörfler nicht nur eine ausreichende Anzahl an Neuro-Radiologen erforderlich, sondern vor allem müsse die spezifische Expertise für diese gefäßeröffnenden Maßnahmen der hirnversorgenden Gefäße sichergestellt sein. „Um dieses zu gewährleisten, haben die Fachgesellschaften DGNR, DeGIR und DRG eine Zertifizierung für die neuro-interventionelle Schlaganfallbehandlung etabliert“, berichtet Dörfler. Seit dem Aufbau dieses Programms bis einschließlich 2017 konnten 323 Fachärztinnen und Fachärzte zertifiziert werden. 

 

Hierzu Näheres:

Die Symptome eines Schlaganfalles (Apoplexie) entwickeln sich typischer Weise schlagartig, unabhängig davon, welche Ursache vorliegt. Daher der deutsche Name "Schlaganfall". 

 

Entscheidend ist, aus diesem Verlauf die richtige Verdachts-Diagnose sehr rasch zu stellen, weil immer eine lebensgefährliche Situation vorliegt und daher primär eine Behandlung in der Intensiv-Station eines Krankenhauses erforderlich ist, das möglichst eine neurologische Abteilung mit "Stroke Unit" hat.

 

Im Anschluss an die Primär-Versorgung ist nahezu immer eine Anschluss-Heilbehandlung (REHA) in einer auf Apoplexie spezialisierten REHA - Einrichtung erforderlich.

 

Die Verdachts-Diagnose "Schlaganfall" muss auch deshalb sehr rasch gestellt werden, weil das "Zeitfenster" für die Möglichkeit einer nicht-operativen  "Lyse - Therapie" (medikamentöse Auflösung von Blutgerinnseln)  mit nur 3 Stunden zwischen den ersten Symptomen und dem Therapie - Beginn extrem klein ist. 

 

Danach ist zunächst nur noch die o.g. Thrombektomie und natürlich die Prophylaxe (medikamentöse Vorbeugung) gegen weitere Blutgerinnsel möglich.

 

Langfristig gedacht, ist die Diagnose "Schlaganfall" gar keine Diagnose, sondern nur ein Symptom: Es muss nämlich das Wiederholungs-Risiko aus der Ursachen-Analyse ermittelt und dementsprechend auch die Wiederholungs-Prophylaxe gestaltet werden.

 

Hierzu im Einzelnen:

 

1. Vaskulär bedingte Apoplexie (Schlaganfall):

 

Die Hirnarterien können schon in der Embryonalzeit Missbildungen aufweisen, die sich dann später (am häufigsten zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr) zu so genannten "Aneurysmen" (zu deutsch: sackförmige Blutgefäßerweiterungen) ausbilden und platzen, und zu so genannten "Massenblutungen" in das Gehirn oder den Liquorraum (so genannte Subarachnoidalblutungen) führen können. Bei der Arteriosklerose, aber auch bei den Auto-immun-Vaskultiden bilden sich so genannte "Plaques", also aufgerauhte Stellen, an denen die Blutgefäße verkalkt sind, wo sich Blutgerinnsel (Tromben) ansetzen. Aber auch aus dieser Ursache können "Aneurysmen" entstehen. 

 

Die Manifestation der Apoplexie aufgrund einer angeborenen Blutgefäßmissbildung oder einer Auto-immun-Vaskultis tritt, wie gesagt, am häufigsten zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auf. Bei der Arteriosklerose hängt sie mit dem höheren Alter und der Lebensweise (insbesondere mit dem Tabakrauchen!) zusammen und hat speziell bei Rauchern eine vergleichsweise schlechtere Prognose (Heilungsaussicht).

 

2. Humoral bedingter Apoplex (Schlaganfall).

Schlaganfälle, die aufgrund von Blut-Gerinnungsstörungen verursacht sind, nennt man auch humoral, aber nicht weil sie durch Hormone, sondern, weil sie aufgrund einer falschen Beschaffenheit des Blutes entstehen. 

 

Eine der häufigsten Störungen der Blutgerinnung, die zum Schlaganfall führen kann,  nennt man auch "Thrombophilie", weil dabei eine übernormal erhöhte Breitschaft des Blutes zur Blutgerinnselbildung besteht. Die so verursachten peripheren Thrombosen können zur Loslösung eines Blutgerinnsels (Thrombus) führen, das dann entweder in die Lunge (Lungenembolie) oder in das Gehirn (Hirnembolie) verschleppt werden kann. 

 

3. Durch Vorhofflimmern des Herzens bedingte Hirnembolie, die zum Apoplex (Schlaganfall) führen kann.

 

Ursache Nr 3 ist eine unglückliche Kombination aus vaskulären und humoralen Ursachen.

Gerade zu Ursache Nr 3  ist eine neue Studie herausgekommen, die ergeben hat, dass in 24%, also einem Viertel  aller Schlaganfälle  ein kurzfristiges (paroxysmales) Vorhofflimmern des Herzens noch gar nicht bekannt war!

Diese hohe Anzahl neu-entdeckten Vorhofflimmerns wurde erst durch eine 4-fache Diagnostik ermöglicht:

 

Phase I: Aufnahme-EKG in der Notfall-Ambulanz

 

Phase II: wiederholte EKGs, kontinuierliche EKG-Überwachung, noch in der Klinik.

 

Phase III: In der ersten Phase nach Entlassung ambulante Überwachungs-Kontrolle (Holter-Monitoring)

 

Phase IV: In der zweiten zweite ambulanten Phase Überwachung mittels externer oder implantierter Ereignisrekorder    

 

Über alle vier Phasen lag die Gesamtrate an neu diagnostiziertem Vorhofflimmern nach Schlaganfall bei 23,7 Prozent. Demnach wäre etwa jeder vierte Patient nach Schlaganfall ein Kandidat für eine orale Antikoagulation als Rezidivprophylaxe. Rechnet man im Übrigen noch diejenigen Patienten hinzu, die schon vor dem Schlaganfall nachweislich Vorhofflimmern hatten, kommt man auf einen Anteil von fast 40 Prozent.

 

Das paroxysmale Vorhofflimmern des Herzens ist genauso wie die Arteriosklerose eine Altersfrage. Aber die Hirn - Embolie infolge einer Thrombophilie  kann zu jeder Zeit des Lebensverlaufes auftreten, ist also nicht altersabhäng. Deshalb ist es einerseits schwieriger, die Verdachts - Diagnose einer Hirn - Embolie sehr rasch zu stellen. Andererseits ist die Prognose bei Schlaganfall durch Thrombophilie sehr viel günstiger als bei Vorliegen einer Arteriosklerose. Dies gilt aber nur, wenn eine Blutgerinnungs-Diagnostik rechtzeitig erfolgt!

 

Dafür muss der Patient künstlich  zum "Bluterkranken" durch lebenslange Gabe blutgerinnungshemmender Medikamente, so genannter Antikoagulantien, gemacht werden. Man treibt dadurch den Teufel mit dem Beelzebub aus, wobei die Patienten in der Folge durch Blutungen bei Unfällen und sonstigen Verletzungen gefährdet sind.

Aber schlimmer als das ist die weitverbreitete Ignoranz: Ich habe sogar schon Ärzte und Ärztinnen nach Apoplexien mit monatelangen Krankenhaus- und  REHA - Behandlungen gesehen, die nicht wussten, ob sie je einer Blutgerinnungs-Diagnostik unterzogen wurden!

 

Deshalb ist die Diagnose "Apoplex (Schlaganfall)"  - so wichtig sie auch aus den gleich anfangs genannten Gründen ist -  für den weiteren Lebensverlauf zu ergänzen durch eine Blutgerinnungs-Diagnostik und eine Suche nach dem paroxysmalen Vorhofflimmern des Herzens.

 

Wovon Ärzte gar keine Ahnung haben, ist die Ernährung nach Schlaganfall: Hier ist vegetarische oder sogar noch besser vegane Ernährung angesagt! Vegane Ernährung ist deshalb noch besser als vegetarische, weil sie auch noch sämtliche Milchprodukte und Eier ausschließt. Ich habe es selber ausprobiert: Am schwersten fällt es, sich ohne Butter zu ernähren, ist aber dennoch nötig! Hier hilft Avocado weiter, den man am besten im Verhältnis 1:1 mit Mango oder mit 1 EL Zitronensaft püriert als Butter-Ersatz aufs Brot schmieren kann.